Wir haben diese Lieder im Februar 2013 im Concertosaal der Musikschule in Wels, Oberösterreich, aufgenommen.
http://www.matthias-helm.com/
http://www.martinez.at/jose/disc/frame_disc_german.htm  

 

Die folgenden Notizen und Kommentare wurden von José-Daniel Martínez zusammengestellt.  

Brahms hat die “Vier ernsten Gesänge” Op. 121 im Mai 1896 beendet und zeigte sie seinem ersten Biographen Max Kallbeck und beschrieb sie ihm als ein Geburtstagsgeschenk an sich selbst (7. Mai). Seinem Herausgeber Simrock gegenüber nannte er sie am nächsten Tag nur mehr „ein paar kleine Liederchen”. Brahms hat sie selbst bei einem privaten Zusammentreffen von Freunden und Bekannten nach Clara Schumanns Begräbnis zum ersten Mal gesungen. Die erste öffentliche Aufführung fand im Bösendorfersaal in Wien im November 1896 statt.

In seinem Buch “A Guide to the Solo Songs of Johannes Brahms”, sagt Lucien Stark über diese Lieder:  
“Sie erweitern das Konzept des Kunstliedes, um der Erfahrung des Individuums dieser ethischen und spirituellen Dinge Raum zu geben, über die im Requiem und den Motetten in einem größeren Rahmen nachgedacht werden.“  

Brahms wählte diese Texte aus der Lutherbibel. Diese sind: Kap. 3/19-22 und Kap. 4/1-3 aus dem Prediger Salomo für die Lieder 1 und 2; Kap. 41/1-4 aus Jesus Sirach; und Kap.13/1-3, 12, 13 aus dem ersten Paulusbrief an die Korinther. Weder Gott noch Jesus werden darin namentlich erwähnt und wenn man sie ohne biblischen Kontext liest, unterstreichen sie Brahms´”unchristlichen” Glauben: es gibt kein ewiges Leben nach dem irdischen; die, die hier gut gelebt haben mit Liebe und Wohltätigkeit, haben schon ihre Belohnung bekommen. Für den Komponisten waren sie daher nicht geistliche, sondern ernste Lieder. Max Friedlaender kommentiert in seinem Buch “Brahms’ Lieder”: “Es gibt keinen unerschütterlichen Glauben wie bei Bach….aber ein Nachdenken über das Leben und die Schöpfung, eine Bilanz des Lebens ziehen, und ein Hoffen auf die Erlösung durch den Tod.” Brahms hat einmal gesagt, dass die Unsterblichkeit in den eigenen Nachkommen liege. Er hatte selbst keine Kinder, sprach aber oft von seinen Werken als seine Kinder.  

Brahms hatte in den vier vorhergehenden Jahren enge Freunde verloren – die Pianistin Elizabeth von Herzogenberg, Sängerin und Brahms-Vorkämpferin Hermine Spies, seinen engen Freund Dr. Theodor Billroth und den Dirigenten und ebensolchen Brahms-Verfechter Hans von Bülow. Clara Schumann hatte im März einen Schlaganfall erlitten und Brahms bereitete sich sicher auf ihren nahenden Tod vor. Vielleicht hatte er auch Vorahnungen seines eigenen Endes, welches ihn innerhalb eines Jahres selbst ereilen sollte, als er den Kampf gegen den Krebs verlor. Die Widmung an Max Klinger, Maler und Kupferstecher, der 1894 eine Allegorie mit dem Titel Brahms-Phantasie - Opus XII, geschaffen hatte (und 1880 Amor und Psyche – Opus V, auch Brahms gewidmet) und der erst kurz davor seinen Vater verloren hatte, erscheint weniger tiefempfunden im Vergleich zu dem Gefühl der Trauer, den die Todesfälle seiner Freunde, die ihm so viel bedeutet hatten, in seinem Herzen hinterlassen hatte.  In einem Brief vom 7. Juli an Marie Schumann (die vier Lieder wurden zwei Wochen vor Claras Tod am 20. Mai fertig gestellt), impliziert Brahms, dass die Menschen, wenn sie über die Unausweichlichkeit des Endes nachdenken, dazu bewegt werden, Musik oder Poesie zu erschaffen. In seiner Biografie “Johannes Brahms” sagt Jan Swafford: “[in der Komposition dieser Lieder] verpackte Brahms sein Leid in die höchste Perfektion, zu der seine Kunst imstande war.” 
José-Daniel Martínez (brahms@martinez.at)